22.10.2021

PIMkerei

Ein denkbares Digitalisierungskonzept für Imkereien ab 30 Völkern

Digitalisierung und imkern, das klingt im ersten Moment nach Widerspruch. Sofort hat man den grau bekittelten, mit Pfeife ausgestatten Rentner im Kopf, zu dem das 21. Jahrhundert, Laptop und Warenwirtschaft nicht so recht passen will.  
Aber auch Imkereien, egal ob Haupt- oder Nebenerwerb, sind heute davon abhängig, gewinnorientiert zu arbeiten. Um die Digitalisierung kommt man dabei über kurz oder lang nicht herum.

Der oder die Leser*in darf sich zu Recht fragen, wie wir als Entwicklerteam eines Product Information Management- Systems ausgerechnet auf die Imkerei als Einsatzgebiet kommen. Ganz einfach: Marie aus unserem Marketingteam und Autorin dieses Textes, ist leidenschaftliche Imkerin und entspricht so gar nicht dem oben genannten Klischee. Und selbstverständlich kam die Frage auf: Wie kann ich ein PIM für meine Imkerei nutzen?

Ein kurzer Exkurs: Was ist ein PIM überhaupt? PIM steht für Product Information Management. Es ist die zentrale Verwaltungsstelle für Produktdaten, die es aus verschiedenen Quellen (Herstellerinformationen, selbst gepflegte Excel-Dateien...) erhält. Im PIM werden diese Daten aufbereitet, auf Qualität geprüft und anschließend gesammelt an Ausgabekanäle wie Online Shop, Social Media und Printkatalog ausgegeben.
Das eigentliche Einsatzgebiet eines PIM-Systems scheint also nicht wirklich zu unserem Anwendungsfall zu passen. Dennoch besteht die Möglichkeit, Produktionsprozesse und Lagerhaltung abzubilden. Für Imkereien würde das bedeuten: Verwaltung der Völker, Lagerverwaltung und Produktverwaltung.

Die vielfältigen theoretischen Möglichkeiten wollen wir in einem Gedankenexperiment einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Verwaltung der Völker

In einem PIM besteht die Möglichkeit, Produktdaten mit Hilfe verschiedener Werkzeuge zu erstellen, zu pflegen und zu verwalten. Auch ein Bienenvolk besteht aus einer Reihe von “Produktdaten”, die man verwalten kann: Stocknummer, Abstammung, Parameter für die Leistungsprüfung (Sanftmut, Wabensitz, Honigertrag...), Varroabefallsgrad usw.

Viele Product Information Management-Systeme bieten die Möglichkeit einer Verwaltung über Kategoriebäume oder Familien. In Familien können Attribute, also die Eigenschaften eines Produktes angelegt werden. Für ein Buch wären das beispielsweise Titel, Klappentext und Seitenzahl.

Auf die Imkerei angewendet, wäre das fertige Produkt das einzelne Bienenvolk. Über eine Familie könnten die oben genannten “Produktdaten” verwaltet werden, sodass beim Anlegen eines neuen Bienenvolks automatisch auszufüllende Attribute (Stocknummer, Abstammung...) angezeigt werden. Ist die Familie mit ihren Attributen also einmal eingerichtet, geht das Anlegen neuer Bienenvölker sehr schnell.

Der Screenshot zeigt die Familie Bienenvölker mit den Attributgruppen Grunddaten und Merkmale Leistungszucht.
Die Attribute, die beim Ausfüllen der ”Produktdaten” abgefragt werden, können im PIM bereits konkretisiert werden. Für Standort wurde beispielsweise eine Liste erstellt, aus der man beim Anlegen des Volkes nur noch auswählen muss.


Die Daten kann man nicht nur verwalten, sondern beispielsweise als Tabelle anzeigen und ausdrucken lassen.
Mit dem Feature Produktbeziehung wäre es zudem möglich, die Verwandtschaft der einzelnen Völker abzubilden. Dies ist besonders für die Leistungszucht von Relevanz. Eine Tabelle die mit wenigen Klicks den direkten Vergleich der Prüfvölker einer Gruppe darstellt oder aber die besten Wirtschaftsvölker der letzten Saison in Sachen Honigertrag, wäre für die Zucht ein nützliches Feature.

Ebenfalls denkbar wäre, einen Zusammenhang zwischen Varroabefallsgrad, Anzahl der Völker und benötigten Varroaziden abzubilden.

Lagerverwaltung

Die Übersicht, die man mit einer Lagerverwaltung gewinnen kann, muss nicht extra betont werden. Spannend wäre hier ebenfalls der Einsatz der Produktbeziehungen.

Die Honigleistung, welche über die Verwaltung der Völker gepflegt wird, kann in Zusammenhang mit der dem PIM bekannten Menge an Eimern, Gläsern, Honigräumen und Rähmchen gesetzt werden. Der zu erwartende Bedarf für die kommende Saison könnte so mit wenigen Klicks in Erfahrung gebracht werden. Aufwendige Lagerinspektionen und Zahlen auf unleserlichen Schmierzetteln (mal ehrlich, wer von uns kennt es nicht?), entfällt.
Im PIM selber würde man eine Beziehung und ihre Art zwischen verschiedenen Komponenten manuell pflegen. Einen klassischen Anwendungsfall werden die meisten kennen: “Kunden die dieses Produkt gekauft haben, kauften auch...” Auch für den Imkeronlineshop macht diese Funktion Sinn. Für die Produktbeziehung zwischen der eingepflegten Honigmenge der Völker und dem Warenbestand an Gläsern könnte diese Funktion erweitert werden.

Produktverwaltung

Mit der Produktverwaltung wäre nicht nur ein schneller Überblick über den Warenbestand sichergestellt, man könnte in ihr auch Abgänge dokumentieren. Sei es als händischer Eintrag, wie viele Kartons in der Woche an Verkaufsstellen geliefert wurden, oder automatisch durch eine Schnittstelle zu einer großen Verkaufsstelle. Durch diese Dokumentation ist eine schnelle Auswertung der “Beststeller” und “Ladenhüter” ebenfalls denkbar. Ein PIM bietet für diese Funktionen eine gute Basis, auf der man aufbauen könnte.

Und dann ist da noch...

...die eigentliche Kernkompetenz eines Product Information Management-Systems:
Aufbereitete, qualitativ hochwertige Produktdaten an verschiedene Ausgabekanäle, wie z. B. Onlineshop, Social Medial oder Printkatalog auszugeben. Durch die zentrale Pflege sind konsistente Daten auf allen Plattformen garantiert und aufwendige Arbeitsabläufe werden gestrafft, da nicht für jede der Plattformen jedes Produkt und jeder Post einzeln angelegt werden muss.

Der Screenshot zeigt die Familie “Honige” mit den Attributgruppen “Informationen für den Shop” und “Interne Informationen”. Erstere werden an den Onlineshop ausgegeben, können aber im PIM gepflegt und aktualisiert werden.
PIM-Systeme verfügen teilweise über Regeln, um eine hohe Produktdatenqualität sicherzustellen. Bei dem Attribut Beschreibung lang, welche Kund*innen als Fließtext im Shop sehen, ist eine Zeichenanzahl von mindestens 200 festgelegt.

Wie bereits eingangs erwähnt, handelt es sich bei PIMkerei um ein Gedankenexperiment.

Einige der beschriebenen Funktionen sind noch nicht programmiert worden und bisher nur ein kühner Gedanke. Wichtig war es uns aufzuzeigen, dass die Digitalisierung für Imkereien über viele Wege in Angriff genommen werden kann – Ein Product Information Management-System könnte mit viel Engagement einer davon sein.